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Machen ist wie wollen, nur krasser.
„Machen ist wie wollen, nur krasser" - Zwei Tage voller Inspiration, Austausch und Vernetzung beim Sächsischen Jugendarbeitstreffen 2024
Vom 26. bis 27. November 2024 fand das Sächsische Jugendarbeitstreffen im KiEZ "Am Filzteich" in Schneeberg/Erzg. statt. Die zweitägige Fachveranstaltung, organisiert im Rahmen des Kooperationsprojekts "PowerUp! – Inspiration, Vernetzung und Stärkung der Sächsischen Jugendarbeit", bot rund 70 Teilnehmenden eine Plattform für Austausch, Vernetzung und fachliche Weiterentwicklung.
Der erste Veranstaltungstag begann mit einem impulsgeleiteten Fachgespräch durch Prof. Dr. Peter-Ulrich Wendt. Unter dem Titel „Blinder als blind ist der Ängstliche“ Oder: „Kann Politik Jugendarbeit als Chance für das Gemeinwesen erkennen?“ beleuchtete Wendt in seinem Vortrag die Herausforderungen und Chancen der Jugendarbeit im politischen Kontext. Den Leitgedanken des Impulses gibt folgendes Zitat besonders gut wieder: „Teilhabe ist die Autonomie von unten, die Macht der Gruppe ein Lern- und Erprobungsort zu sein. Dabei geht es nicht um Konfliktlosigkeit, sondern vielmehr um Auseinandersetzung, mehr noch: um Konfrontation.“ Damit unterstreicht er die, aus seiner Sicht, Bedeutung von Konflikten als wesentlichen Bestandteil von Lern- und Gestaltungsprozessen in der Jugendarbeit. Wendt hob hervor, dass politische Prozesse in der Jugendarbeit nicht nur Integration, sondern auch eine aktive Auseinandersetzung mit divergierenden Interessen und Perspektiven erfordern. Dies sei insbesondere vor dem Hintergrund notwendig, dass die Kinder- und Jugendarbeit wertvolle Impulse für das Gemeinwesen bietet und Zukunftsperspektiven fördert. Ihre Bedeutung muss damit in der politischen Wahrnehmung weiterhin gestärkt werden.
Am Nachmittag stand anschließend der Best-Practice-Austausch in Form von Workshop-Angeboten im Mittelpunkt. In zwei Runden konnten die Teilnehmenden aus vier verschiedenen Themenschwerpunkten wählen. Der Workshop von Claudia Fränkel und Claudia Stoye (Projekt connect, AGJF Sachsen e. V.) rückte junge Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung ins Zentrum. Mit einem Mix aus theoretischen Impulsen und Praxisbeispielen wurden Fachkräfte für die Herausforderungen und Chancen sensibilisiert, die diese Zielgruppe mit sich bringt. Die Teilnehmenden konnten eigene Erfahrungen einbringen und Lösungsansätze für eine diskriminierungsfreie und menschenrechtsorientierte Jugendarbeit entwickeln. Unter dem Motto „Mitbestimmung ermöglichen“ analysierte Frank Baumann (TU Dresden) in seinem Workshop die Grenzen vieler Partizipationsformate und zeigte, wie Scheinbeteiligung die Selbstwirksamkeit Jugendlicher einschränken kann. Im Fokus standen innovative Ansätze, um Jugendliche – besonders in ländlichen Regionen – stärker in gesellschaftlich relevante Prozesse wie Jugendhilfeplanung und Raumgestaltung einzubinden. Durch die Diskussion konkreter Maßnahmen und Formate wurde deutlich: echte Mitbestimmung erfordert kreative und nachhaltige Beteiligungsstrukturen. Julia Wnetrzak und Paul Schneider (Valtenbergwichtel e. V.) brachten mit ihrem Workshop frischen Wind in die Lobbyarbeit. Mit lebensgroßen Pappfiguren und einem interaktiven Spiel zeigten sie, wie soziale Arbeit sichtbar und greifbar gemacht werden kann. Ihre Kampagne „Jugend- und Familienarbeit wirkt“ inspirierte die Teilnehmenden dazu, Lobbyarbeit auf spielerische Weise zu gestalten – ein Ansatz, der besonders in Zeiten zunehmender gesellschaftlicher Herausforderungen dringend gebraucht wird. Um rechtliche Rahmenbedingungen in der Jugendhilfe drehte sich der Workshop von Andreas Borchert (Sächsische Landjugend e.V.). Er beleuchtete aktuelle rechtliche Entwicklungen in der Jugendhilfe. Anhand konkreter Urteile und Entscheidungen wurden wichtige Themen wie das Verhältnis zwischen öffentlichen und freien Trägern, Förderstrukturen und die Arbeit in Jugendhilfeausschüssen analysiert. Der praxisorientierte Austausch gab den Teilnehmenden wertvolle Impulse, um sicherer durch rechtliche Hürden zu navigieren.
Am Ende des Tages gab es nochmal die Möglichkeit mit den anwesenden Ausstellenden in Kontakt zu kommen oder eigene Themen im Open Space Format anzuregen. Neben einer Wanderausstellung im Rahmen der Kampagne „Jugend- und Familienarbeit wirkt!“, die Jugendprojekte aber auch die Bedeutung von Jugendarbeit und die Anknüpfungspunkte zu Ehrenamt, Gemeinwesen, Jugendprojektunterstützung zeigte, waren noch zwei weitere Projektstände – „yoggl – JugendApp Sachsen“ und „DES! – Demokratisch, engagiert und selbstverwaltet“ – sowie die Kampagne „Jugendhilfe zeigt Haltung!“ vor Ort. Mit einem bunten Strauß an Möglichkeiten der Abendgestaltung konnten wir darüber hinaus Raum für Feiermomente, Austausch sowie Würdigung und Wertschätzung der Fachkräfte im Handlungsfeld Jugendarbeit schaffen.
Der zweite Veranstaltungstag begann mit einem interaktiven Format, wobei die Teilnehmenden über Konversationskarten angeregt wurden, zu bestimmten Fragestellungen ins Gespräch zu kommen. Anschließend ging es dann direkt in die zweistündige Arbeitsphase der Fachforen. Auch hier standen wieder unterschiedliche Themengebiete zur Auswahl.
Unter dem Titel „Jugendarbeit und Verwaltung - Missverständnisse und gelingender Austausch“ bot Christian Hager (Jugendamt Dresden) erneut ein Thema an, das im letzten Jahr schon viel Resonanz erzeugte. Hier wurde die oftmals schwierige Kommunikation zwischen Verwaltung und Jugendarbeit thematisiert. Hager, der durch seine vielseitigen Erfahrungen als Projektmitarbeiter, Vorstand eines Trägers und Sachgebietsleiter tiefgehende Einblicke bieten konnte, sensibilisierte die Teilnehmenden für die unterschiedlichen Systemlogiken und Rollenverständnisse beider Seiten. Ziel des Angebotes war es, Missverständnisse abzubauen und gegenseitiges Verständnis zu fördern. Im Fachforum „OKJA einen Rahmen geben – Warum brauchen wir in der OKJA Standards?“, moderiert von Ingo Gelfert (AGJF Sachsen e.V.), lag der Fokus auf den Standards für Offene Kinder- und Jugendarbeit (OKJA). Die Teilnehmenden diskutierten über die Bedeutung einheitlicher Rahmenbedingungen, die Qualität und Wirksamkeit von Offener Jugendarbeit sichern sollen, und wie sich diese an lokale Gegebenheiten anpassen lassen. Zudem wurde die Überarbeitung der sächsischen Standards kritisch beleuchtet. Ein weiterer Programmpunkt, „PowerUp! – Next Level“, vorgestellt von Robinson Dörfel (Sächsische Jugendstiftung), widmete sich der gesellschaftlichen und demokratischen Rolle der Jugendarbeit. Mit Ergebnissen einer qualitativen Vorstudie wurde erörtert, wie Jugendarbeit gestärkt werden kann, um ihre sozialintegrative und demokratiestärkende Funktion zu erfüllen. Die Diskussionen mündeten in konkrete Ansätze für die Weiterentwicklung des PowerUp!-Projekts. Besonders aktuell war das Fachforum „Nach den Wahlen: Politische Situation in Sachsen & Auswirkungen auf Jugendarbeit“ mit Frank Schubert (Netzwerk Tolerantes Sachsen) und Georg Grohmann (LAK Mobile Jugendarbeit Sachsen e.V.). Angesichts der jüngsten Wahlergebnisse in Sachsen, bei denen die AfD insbesondere bei jungen Wählenden hohe Zustimmungswerte erzielte, wurde intensiv über die Rolle der Jugendarbeit bei der Demokratiebildung diskutiert. Fragen nach der Erreichbarkeit junger Menschen und Strategien gegen rechtsextreme Tendenzen standen im Mittelpunkt.
Fazit: Ein starkes Signal für die Jugendarbeit
Das Sächsische Jugendarbeitstreffen 2024 bot eine wertvolle Gelegenheit, drängende Fragen zu adressieren, Erfahrungen auszutauschen und konkrete Schritte zur Weiterentwicklung der Jugendarbeit zu planen. Es war ein inspirierendes Treffen, das gezeigt hat, wie wichtig Vernetzung und gemeinsame Lösungsansätze für die Herausforderungen unserer Zeit sind.
Das nächste Jugendarbeitstreffen findet in der 1. Jahreshälfte 2026 statt. Genaue Informationen zum Datum und zum Ort gibt es zu einem späteren Zeitpunkt.
Mehr Informationen zum Projekt sowie die komplette Dokumentation der Veranstaltung findet sich online unter: powerup-jugendarbeit.de