Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein, Dezember 2017 - Februar 2018

Nach nun mehr als 6 Monaten Arbeit in der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein, habe ich bereits die Hälfte meines FSJs erreicht. Durch die vielfältige Arbeit, den neuen Erfahrungen und Herausforderungen, welche die Gedenkstätte täglich für mich bereithält, verging die Zeit wie im Flug. Eben erst nach Pirna gezogen und die zweite Heimat schätzen gelernt, heißt es nun wieder, sich auf die Suche zu begeben nach einem passenden Studienort.

Das zweite Quartal begann mit der Lieferung unserer neuen Audiostation in der Dauerausstellung, welche die Tondokumente jetzt in vier Sprachen anbietet und die sechs über 15 Jahre alten Hörstelen ablöste. Kurz darauf ging es mit der zweiten Seminarfahrt auf das Schloss Colditz, welche sich der Thematik „Warum ist Sachsen so rechts?“ und der Bundeswehr widmete. Vor allem die außenordentlich positiven Reaktionen auf die eingeladenen Referenten sowie auf den Überblick rechter Gruppierungen und Straftaten in Sachsen, an dessen Vorbereitung ich aktiv mit beteiligt war, erfreuten mich sehr. In meiner FSJ-Gruppe fühle ich mich sehr wohl und verstehe ich mich mit meinen Mit-FSJlern. Aufgrund dessen freue ich mich auf die weiteren Seminare und auf die nächsten spannenden Themen.

Nach der Seminarfahrt fand in der Gedenkstätte eine Schulung zur leichten Sprache statt. Neben einer kleinen Einführung in die Thematik und der Darstellung der Unterschiede zwischen leichter und einfacher Sprache, begann auch schon der aktive Part. An verschiedenen Beispielen lernten wir so, wie einfache Sprache funktioniert und was bei der Anwendung zu beachten ist. Eine kleine Herausforderung zum Abschluss der Schulung war die Übersetzung eines Teiles unserer normalen Führung in einfache Sprache. Dabei war es besonders wichtig, schwierige Fremdwörter verständlich zu erklären ohne für die Geschichte wichtige Details wegfallen zu lassen. Da auch immer mehr Förderschulen und Behindertengruppen unser Führungsangebot wahrnehmen, ist die richtige Verwendung der einfachen Sprache von großer Bedeutung.

Im Dezember rückte die Mitarbeit an der Publikationsreihe „Den Opfern ihren Namen geben“ in den Vordergrund. Sechs Schülerinnen engagierten sich im Rahmen ihrer Komplexen Leistung, jeweils ein bis zwei Biografienhefte zu schreiben. Die Fassungen der Schülerinnen mussten bis Anfang Januar überprüft, korrigiert und im Stil der vorherigen Hefte gestaltet werden. Mein Aufgabenfeld war dabei die Korrektur der Biografien sowie die Übernahme von den Anmerkungen der anderen Mitarbeiter. Da dies sehr viel Zeit in Anspruch nahm, war der Moment umso schöner, als die Biografiehefte Anfang Januar fertiggestellt und am 27. Januar, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, der Öffentlichkeit präsentiert werden konnten.

Auch der Anfang des Jahres 2018 begann gleich mit neuen Aufgaben. So erhielt ich den Auftrag, für die Begleitpublikation der neuen Wanderausstellung eine Zeittafel zur schlesischen Geschichte zu erstellen. Diese sollte über die wichtigsten geschichtlichen Ereignisse, angefangen von Mitte des      18. bis Ende des 20. Jahrhunderts, informieren. Nach mehrwöchigen Recherchen und Überarbeitungen konnte diese noch im Januar fertig gestellt werden und ich mich somit der nächsten Aufgabe, dem Schreiben einer Biografie für die gleichnamige Publikation widmen. Dies erforderte nun genaues Studieren der Patientenakte sowie der weiteren erhaltenen Dokumente. Da die Aufzeichnungen meist von dem behandelnden Arzt aufgeschrieben wurden, war die nächste Herausforderung, sich an die altdeutsche Schreibschrift zu gewöhnen und diese zu entziffern. Es war sehr interessant sich intensiv mit der Lebensgeschichte eines Opfers der NS-„Euthanasie“ auseinander zusetzen und zu versuchen, für diesen Menschen eine würdige Biografie zu entwerfen. Auch freut es mich, durch meine Mitarbeit einen Platz im Autorenverzeichnis gefunden und so auch einen wichtigen Teil zur Geschichtsaufarbeitung beigetragen zu haben.

Im Februar rückte dann das Korrekturlesen der ebengenannten Wanderausstellung zur Thematik der NS-„Euthanasie“ in Schlesien in den Vordergrund, welche am 22. März im Verbindungsbüro des Freistaates Sachsens in Wroclaw vorgestellt wird. Diese zweisprachige Wanderausstellung wird an verschiedenen Orten in Sachsen und Polen präsentiert und so auch im Sommer auf Durchreise in der Gedenkstätte sein.

Neben weiteren Recherchen, der Beantwortung von Hinterbliebenenanfragen und den täglichen Gedenkstättenaufgaben übernahm ich weiterhin Führungen. So setzte ich mich erstmals auch mit den Projekten auseinander, welche die Gedenkstätte den Besuchergruppen bietet. Eine achte Klasse begleitete ich so bei unserem Angebot des Gedenktafelbastelns für Opfer der NS-Krankenmorde. Trotz der schwierigen Thematik engagierten sich die Schüler und entwarfen aussagekräftige Gedenktafeln. Altenpfleger aus dem ersten Lehrjahr dagegen setzten sich in Gruppenarbeit mit verschiedenen Aussagen, Meinungen und Rechtfertigungen der NS-„Euthanasie“ auseinander und diskutierten diese.

Auf meiner Arbeitsstelle fühle ich mich angenommen und als vollwertiges Mitglied der Gedenkstätte. Bei Entscheidungen findet auch meine Meinung ihren Platz und wird erfragt. Durch die gute Zusammenarbeit mit meinen Kollegen gestaltet sich die Arbeit dadurch als sehr angenehm und ich freue mich auf weitere neue Herausforderungen und das Mitarbeiten an neuen Publikationen in den nächsten 6 Monaten.

 

Alexander