Jugendgeschichtstage in Sachsen
Das Durchstöbern von Archiven, der Besuch von Museen, das Erkunden von Stadtvierteln, das Lesen alter Briefe, das Betrachten historischer Bilder und das Führen spannender Zeitzeugengespräche – all das gehört zur Spurensuche nach den Geschichten unserer Vorfahren. Wie erging es den Menschen im Nationalsozialismus? Wie bewältigten sie Lebensmittelknappheiten? Was steckt hinter Denkmälern und Gebäuden? Die Spurensuche-Teams, bestehend aus motivierten und engagierten Jugendlichen, haben recherchiert, dokumentiert, aufgedeckt, mitgefühlt, verstanden, visualisiert und sich zur Aufgabe gemacht, Schicksale und Ereignisse wieder ins Bewusstsein zu rufen – für sich selbst und für uns alle. Dank ihrer Arbeit in diesem Jahr können wir uns nun auf eine spannende Zeitreise durch die Geschichte Sachsens begeben.
Seit 20 Jahren gibt es das Programm „Spurensuche“ in Sachsen, das junge Menschen dazu ermutigt, die Geschichte ihrer Heimatorte neu zu entdecken. In spannenden Projekten setzen sich Jugendliche mit regionalen historischen Ereignissen auseinander. Unterstützt von der Sächsischen Jugendstiftung, realisieren sie ihre eigenen Ideen, lernen ihre Heimat intensiver kennen und engagieren sich für ihre Region. „Spurensuche“ fördert die Aufarbeitung regionaler Geschichte durch junge Menschen in enger Zusammenarbeit mit pädagogischen Fachkräften und lokalen Trägern der Jugendarbeit.
Seit April haben sich 18 Jugendgruppen aus ganz Sachsen mit der Erforschung ihrer Heimat beschäftigt und dabei einzigartige Geschichten und Erfahrungen gesammelt.
Die Brauereibande von der Alten Brauerei in Annaberg-Buchholz möchte die Lebensgeschichte von Marie Richter erzählen. Sie protestierte 1933 gemeinsam mit ihrem Ehemann aktiv gegen das aufkommende nationalistische Regime und versuchte, die Bürger*innen aufzuklären. Aufgrund ihres Engagements wurden beide schließlich im Schützenhaus, einem frühen Gefangenenlager, inhaftiert, und Marie starb im Alter von nur 26 Jahren. Obwohl es eine traurige Geschichte ist, ist es der Gruppe umso wichtiger, sie zu erzählen. Sie möchten daran erinnern, dass so etwas nie wieder geschehen darf.
Die Jugendlichen der Initiative Nachbarschaftsschule Leipzig e.V. befassten sich mit den sogenannten "Leipziger Meuten" – Jugendlichen, die sich in einer Zeit Freiräume suchten, in der das gesamte Leben, inklusive Erziehung und gesellschaftlicher Systeme, gleichgeschaltet war. Mutig widersetzten sie sich durch ihre Entscheidungen und ihr Handeln. Die Jugendgruppe begab sich auf Spurensuche nach der Meute Reeperbahn, die sich in der direkten Umgebung ihrer Schule traf. Dank einer Stadtteilführung und intensiver Quellenarbeit entstand ein Audioguide, der an das Handeln dieser mutigen Jugendlichen erinnert.
Die Jugendgruppe des Fördervereins des Agricola-Gymnasiums in Chemnitz beschäftigte sich mit dem Schicksal der jüdischen Familie Sommerfeld. Besonders motivierend war der Austausch mit Nirit Sommerfeld, einer Nachfahrin der Familie, der das Interesse der Jugendlichen weiter steigerte. Im Rahmen des Projekts trafen sich die Jugendlichen auf dem Gelände des ehemaligen Familiengrundstücks, um es zu säubern und dort Veranstaltungen wie den 105. Geburtstag von Rolf Sommerfeld zu feiern. Zusätzlich eröffneten sie einen Instagram-Account und machten mit einer lebensgroßen Pappfigur in Chemnitz auf sich aufmerksam, um auch außerhalb des Projektes Leute zu sensibilisieren.
Am 21. und 22. November 2024 finden die 20. Sächsischen Jugendgeschichtstage als Höhepunkt des Programms „Spurensuche“ im Sächsischen Landtag statt, unter der Schirmherrschaft des Landtagspräsidenten. Viele der Spurensucher*innen werden mit großem Gepäck anreisen, um ihre Ausstellungen, Broschüren, Modelle oder sogar Filme zu präsentieren. Die teilnehmenden Jugendgruppen erwartet ein abwechslungsreiches Programm in den Räumen, wo sonst politische Entscheidungen getroffen werden.
Neben dem Austausch von Erfahrungen und Erlebnissen stehen vielfältige Workshops und eine öffentliche Projektmesse auf dem Plan, bei der sich alle Jugendgruppen vorstellen. Dieses Jahr gibt es ein besonderes Jubiläum zu feiern: die 20. Jugendgeschichtstage. Neben dem Projektemarkt wird die Ausstellung „20 Jahre Spurensuche in Sachsen“ gezeigt, die die Entwicklung des Programms und seine Höhepunkte der letzten zwei Jahrzehnte beleuchtet und zum Mitmachen einlädt.
Der Landtagspräsident Alexander Dierks wird als Schirmherr die Jugendlichen zur Projektemesse am 22. November 2024 begrüßen. Staatsministerin Petra Köpping und Andrea Büttner, Geschäftsführerin der Sächsischen Jugendstiftung, werden ebenfalls die jungen Spurensucher*innen willkommen heißen. Die Projektmesse findet am 22. November von 10:30 bis 16:00 Uhr statt und alle Interessierten sind herzlich eingeladen, die vielfältigen Geschichtsprojekte der Jugendgruppen zu entdecken. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung per E-Mail wird erbeten.
Die Jugendgeschichtstage wurden finanziert mit Steuermitteln auf der Grundlage vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.
Unsere Bildergalerien
Fotogalerie Jugendgeschichtstage 2023
(Fotos Sächsische Jugendstiftung und Thomas Schlorke)
Fotogalerie Jugendgeschichtstage 2022
(Fotograf Markus Lorenz und Thomas Schlorke)
Fotogalerie Jugendgeschichtstage Mai 2022
(Fotograf Markus Lorenz)
Fotogalerie Jugendgeschichtstage 2019
(Fotografin Laura Döring, Fotograf Stephan Floss und Sächsische Jugendstiftung)
Fotogalerie Jugendgeschichtstage 2018
(Fotograf Thomas Schlorke, Sächsische Jugendstiftung)